Ausgabe 4/2022

Christoph Fellmann, Journalist, Theaterautor und Schauspieler

von Hildegard Küng

Christoph Fellmann ist in der Luzerner Kulturszene vor allem als freischaffender Autor von Theatertexten, aber auch als Schauspieler bekannt. Im November 2022 wird ihm von der Stadt Luzern für seine kulturelle Arbeit der Anerkennungspreis verliehen.

 

«Ich habe nie einen Beruf erlernt», überraschte mich Christoph Fellmann bei unserem Treffen. Das weckte meine Neugier auf diesen Menschen erst recht. Wie schafft man es, ohne Berufsausbildung erfolgreicher Journalist, Theaterautor und Schauspieler zu werden?

 

Christoph Fellmann, Sie sind bekannt als Journalist, Theater-Autor und Schauspieler. Wie hat Ihre Berufskarriere begonnen?
Schon als Kind und während meiner Zeit an der Kantonsschule Alpenquai hatte ich die Möglichkeit, beim Luzerner Tagblatt erste Texte zu schreiben. Nach der Matura absolvierte ich dort ein Volontariat in verschiedenen Ressorts.

 

Mit drei Tageszeitungen in Luzern war es damals noch gut möglich, in diesen Beruf einzusteigen. Darum hatte ich auch «nur» eine praktische Ausbildung, learning by doing sozusagen. Ab 1995 arbeitete ich für die Luzerner Neusten Nachrichten. Ab 2008 arbeitete ich dann als Redaktor beim Tages-Anzeiger in Zürich und war vor allem für Popmusik zuständig, schrieb aber auch über viele andere kulturelle und gesellschaftliche Themen, was ich sehr bereichernd fand.

 

Sie haben vor einigen Jahren den Journalismus aufgegeben, warum?
Ich hatte neben dem Journalismus auch immer Theater gemacht. Das erforderte immer mehr Zeit und Leidenschaft und irgendwann stand ich vor der Frage, ob ich nicht nur noch daraufsetzen möchte. Ich hatte auch ein paar Ideen, die ich neben dem Zeitungsjob nicht hätte umsetzen können. Zugleich spürte ich, dass sich der Journalismus vor allem im Internet in eine Richtung bewegte, die mir nicht gefiel. Die Arbeit wurde mehr und mehr auf die Wünsche der Leser:innen ausgerichtet, wie man sie angeblich an den Klickzahlen ablesen konnte. Dazu kam der Stellenabbau bei den verschiedenen Zeitungsverlagen. Mit der Zeit deckten sich meine Vorstellungen von Journalismus nicht mehr zu hundert Prozent mit meinem Arbeitsumfeld. Also beschloss ich, meinen lang-jährigen Hauptberuf aufzugeben. Heu-te schreibe ich nur noch Kolumnen zum Beispiel für den Willisauer Boten und das Regionaljournal Zentral-schweiz.

 

Sie sind heute vor allem Theater-Autor. Welche Themen interessieren Sie dabei besonders?
Vor allem die politische und gesellschaftliche Aktualität. Ich möchte Stücke schreiben, die etwas über unsere Zeit erzählen und nicht nur persönliche Befindlichkeiten verhandeln. In einem der letzten Stücke ging es darum um den Klimawandel. Manchmal sind es ganz kleine Dinge, vielleicht nur eine Zeitungsnotiz oder eine kurze Passage in einem Buch, aus denen ein Stück entsteht. Auf jeden Fall haben meine Stücke immer einen Bezug zur Realität - mein journalistisches Erbe sozusagen.

 

Welche Ihrer schon realisierten Projekte sind für Sie von besonderer Bedeutung?
Natürlich ist immer das aktuelle das wichtigste Projekt, weil da für eine bestimmte Zeit das ganze Engagement reinfliesst. Sehr viel bedeutet mir aber die Arbeit im Theater Aeternam. Seit 15 Jahren bin ich ein Teil dieser freien professionellen Theatergruppe in Luzern, in der ich vor allem spiele und nur selten auch Textarbeit mache. Seit der Gründung im Jahr 1994 bringt das Aeternam jährlich eine Produktion mit zeitgenössischen Stoffen auf die Bühne, oft auch an überraschenden Spiel-orten. 2015 zum Beispiel spielten wir im Fussballstadion der Kickers auf Tribschen, und zwar die Ödipus-Geschichte. Immer wieder und besonders gerne mache ich auch Projekte mit Laien-Schauspieler:innen. Im Sommer 2019 wurde zum Beispiel meine freie Adaption von Gotthelfs «Die schwarze Spinne» auf dem All-weg in Ennetmoos NW aufgeführt - das Eintauchen in die reiche Volkstheaterkultur der Innerschweiz ist immer wieder sehr schön. Nebst meinen Theaterprojekten arbeite ich auch als Veranstalter. Seit 2019 zum Beispiel für das aha Festival in Luzern, ein Festival für Wissenschaft und Forschung.

 

Nebst der Arbeit als Autor sind Sie auch Schauspieler. Wie kamen Sie dazu?
Das hat sich in der Zwischenbühne - heute Kulturmühle - in Horw ergeben, als ich damals noch als Amateur in mehreren Stücken mitspielte. Seither ist das Spielen ein konstanter Teil meiner Theaterarbeit, wie erwähnt zum Beispiel beim Theater Aeternam. Für mich gehört das sowieso alles zusammen - Theater ist ein Teamwork und eine soziale Kunst, in der die Spieler:innen viel mehr zum Inhalt beitragen, als man beim Zuschauen vielleicht denkt. Ein Bühnenstück wird erst lebendig durch die Spieler:innen und die Zuschauer:innen.

 

Lampenfieber?
Ja, und das bei jedem einzelnen Auf-tritt!

 

Auf welche künftigen Projekte können wir uns freuen?
Als nächstes bin ich gemeinsam mit Beat Schlatter und einem kleinen Ensemble zu sehen, in unserer Komödie «Ab die Post», die wir gemeinsam geschrieben haben. Es ist grossartig, mit einem genialen Komiker wie Beat Schlatter arbeiten und auf der Bühne stehen zu können. Im Stück geht es um zwei Pöstler, deren Poststelle von der Schliessung bedroht ist. Die beiden Pöstler wollen sie retten, was aber natürlich alles nur noch komplizierter und turbulenter macht. Wir spielen am 23. Oktober in Sursee und am 4. Dezember in Brunnen. Und im nächsten Sommer dann hat das neue Stück von Beat und mir Premiere, «Wyberhaagge», ein Schwingfestdrama, das wir für das Landschaftstheater Ballenberg geschrieben haben. Und natürlich gibt es viele neue Ideen, die noch nicht spruchreif sind.

 

Sie erhalten im Herbst den Anerkennungspreis der Stadt Luzern. Was bedeutet dieser für Sie?
Natürlich hatte ich riesige Freude, als ich den besagten Telefonanruf erhielt. Der Preis bedeutet mir sehr viel und zeigt mir, dass meine Arbeit in der Öffentlichkeit ein positives Echo aus-löst. Ich fühle mich geehrt, diesen Preis am 13. November 2022 offiziell entgegennehmen zu dürfen.

 

Haben Sie neben Ihrer Arbeit Zeit für ein Hobby?
Nein, ich habe nie verstanden, was das ist, ein Hobby. Aber ich fahre sehr gerne und viel Velo. Aber auch das ist kein Hobby, sondern ein Lebensinhalt.

 

Wie ist es für Sie, hier in unserem Quartier zu wohnen?
Ich bin in Horw aufgewachsen und besuchte nach meiner Primarschulzeit die Kanti Alpenquai. Ich kannte das Tribschenquartier also schon, bevor ich 2011 ins Quartier zog. Hier geniesse ich vor allem die Nähe zu Wald, See und Innenstadt. Und es ist natürlich toll, mit dem Theaterpavillon einen enorm wichtigen Kulturort der Stadt gleich in der Nachbarschaft zu haben.

 

Christoph Fellmann, Danke für das interessante Gespräch. Es macht mir immer wieder grosse Freude, so spannende und kreativen Menschen zu treffen und mich mit ihnen unterhalten zu können. Ich empfinde sie als grosse Bereicherung für unser Quartier.