Ausgabe 2/2023

Das Lili Centre - viel mehr als ein Treffpunkt für neue Mitbewohner, die Anschluss suchen

 

Ein Ort der Sicherheit, ein zweites Zuhause, eine Gemeinschaft in der gelernt und gelacht wird, Kontakte geknüpft und Karrieren gefördert werden. 

 

von Arnhild Walz-Rasilier

 

Ich hatte meine Anfrage für ein Interview kaum abgeschickt, da meldete sich Charlie Hartmann, Managing Director des LiLi Centre Luzern bereits zurück und stand umgehend für ein Gespräch zur Verfügung. Seit 2016 führt die Treppe am Alpenquai 40a nicht mehr in ein Restaurant, sondern in eine grosse, behagliche Wohnung mit von eigenen Künstlern dekoriertem Aufenthaltsraum, Küche, Bar, Gemeinschaftsraum und Balkon. Die anwesenden Besucher versprühen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.

 

Charlie hat das Lili Centre vor sieben Jahren gegründet und leitet es mit Herzblut

 

Was bedeutet LiLi und warum haben Sie das Centre gegründet?

Charlie Hartmann: L i L steht für Living in Lucerne und das letzte «i» für Integration, International, Information, Inkubation (Starthilfe für Einzelfirmen). Ich habe selbst einen internationalen Hintergrund, bin die ersten zehn Jahre mit meinem Schweizer Mann elf Mal umgezogen und liebe Luzern aus vollem Herzen. Das Centre bietet ein sofortiges Netzwerk und hilft Mikrofrustrationen im Alltag, sei es beim Einkauf, bei der Mülltrennung oder Fragen zum Gesundheitssystem zu beseitigen. Unser Kernanliegen ist Unterstützung bei der Integration. Wir sind eine Schweizer Gesellschaft mit internationalem Know-how, das wir gern mit Nachbarn teilen wollen. «Unser Ziel ist es eine Brücke zwischen Lokalen und neuen, internationalen Mitbürgern zu bauen.»

 

Wie setzt sich der Kreis Ihrer Mitglieder zusammen und wie kamen sie nach Luzern?

Charlie Hartmann: Der überwiegende Anteil unserer Mitglieder ist gut ausgebildet und der häufigste Grund für die Ansiedlung in Luzern ist die Liebe. Neben einem Schweizer Partner gilt dies auch für Familien, die übersiedeln, da ein Elternteil einen langfristigen Vertrag bei einer lokalen Firma unterschrieb. Daneben haben wir auch Studenten oder Schweizer Doppelbürger, die nach vielen Jahren aus dem Ausland zurückkehren und sich erst wieder zurechtfinden müssen. Nur etwa ein Drittel sind sogenannte «Expats», die für einen befristeten beruflichen Einsatz nach Luzern kamen. Ungeachtet von Nationalität, Religion oder Herkunft stehen unsere Türen auch Flüchtlingen und Asylsuchenden offen. 

   

Woher kommen Ihre Mitglieder?

Charlie Hartmann: Wir haben über 400 Mitglieder aus 52 Ländern. Im Moment kommt die grösste Gruppe aus Lateinamerika, auch haben wir viele Mitglieder aus Balkanländern und aus der Ukraine. Letztere haben sich jedoch schnell in zwei eigenen Gemeinschaftszentren organisiert. 

 

Was können Ihre Mitglieder erwarten? 

Charlie Hartmann: Das LiLi Centre ist ein Ort, wo Gleichgesinnte zusammenkommen und dank zahlreicher ganz unterschiedlicher Programme Kontakte knüpfen. Vom Informations-Kaffeevormittag über Yoga, Winterschwimmen, Grillfeste oder Theater bis hin zum Deutsch-Konversationskurs, der Unterstützung bei der beruflichen Integration für Ausländer oder - angesichts der veränderten Bedürfnisse - Programmen zur mentalen Gesundheit. «Bring dein eigenes Barbecue – jeden Mittwochabend von April bis September bieten wir gemeinsames Grillen.»

 

Auch gemeinsam kochen und essen steht schon mal auf dem Programm

 

Wie finanzieren Sie die Programme?

Charlie Hartmann: Wir bekommen einen Beitrag von der Stadt, sind darüber hinaus jedoch selbst finanziert und arbeiten alle ehrenamtlich. Der Mitgliedsbeitrag beträgt CHF 120 pro Jahr für Erwachsene oder CHF 170 pro Haushalt inklusive Kinder. Dafür erhalten Mitglieder exklusive Einladungen zu Veranstaltungen und sozialen Aktivitäten wie Ausstellungen, Lesungen oder Grillabende. Auch bieten wir ermässigte Preise für Workshops und Kurse sowie Zugang zum sozialen Bereich, der Küche oder Terrasse, wo während der Öffnungszeiten eine Kleinigkeit gegessen werden kann.  

 

Arbeiten Sie mit anderen Organisationen zusammen?

Charlie Hartmann: Wir sind sehr gut vernetzt und im Austausch mit Organisationen wie Caritas, Amigra, Fabia aber auch mit der Integrationsförderung oder Wirtschaftsförderung Luzern. 

 

Wie wirkt sich diese Zusammenarbeit aus?

Charlie Hartmann: Wir blicken auf die Gründung von bereits etwa 40 Einzelfirmen im Bereich Catering, Kosmetik, Massage oder Bäckereien. Kürzlich hat ein Architekt aus Südafrika im Helvetia Quartier das Restaurant «Plant» eröffnet.   

 

Gern stehen Mitglieder auch mit Erfahrungsberichten zur Verfügung:

Rachael Hammond: Ich kam vor 14 Jahren mit meinem Mann aus der Nähe von London nach Luzern.    Im LiLi Centre koordinierte ich das Livingin Swiss Magazin (www.livingin.swiss), schrieb Artikel, kümmerte mich um Anzeigen und fand ein Umfeld, in dem ich Rat fand und Deutsch lernte. Nach Familiengründung und der Scheidung war es besonders wichtig mich auszutauschen und mit meinen beiden Kindern zurechtzufinden. Es macht mir Freude Anlässe für Kinder zu besuchen, die so die heimatlichen Traditionen wie Halloween oder englisches Weihnachten mit internationalen Freunden erleben. Das Schulsystem in der Schweiz ist fantastisch und ich bin sehr glücklich über die hervorragende Inklusion meines Sohnes, die wir so in England nicht hätten. Das zweisprachige Magazin «Living in Luzern» erscheint als Sommer und Winterausgabe mit Programmen und Ausflugsmöglichkeiten in und um Luzern. Daneben betreue ich unsere Bücher «Settling in ….» die wertvolle Tipps zur Niederlassung in verschiedenen Städten wie Luzern, Zürich und bald Zug geben.

 

America Cornejo: Ich komme aus Mexico City und kam vor sechs Jahren nach Luzern als mein Mann eine Position als Pharmaingenieur in Rotkreuz angeboten bekam. Mit meiner damals 9jährigen Tochter habe ich in der Kirche St. Anton beim Mutter-Tochter Zeichnen teilgenommen und so vom LiLi Centre erfahren. Vor einem Jahr startete ich im Volunteer Programm und bin mit 40 weiteren Kollegen dafür zuständig, dass der Tagesbetrieb im Centre läuft. Ich bin zwei Tage die Woche vor Ort und schätze es sehr einfach Ich selbst zu sein und viele Dinge einfach zu machen. 

 

Sara Küpfer: Ich kam 2019 mit meiner Tochter aus Los Angeles nach Luzern. Sie liebt das Theater und so habe ich das LiLi Centre entdeckt, in dem sie weiter mit anderen Kindern Englisch spricht und mit Begeisterung an den eigenen Theaterproduktionen vor Weihnachten teilnimmt. Neben dem Kindertheater gibt es jedes Frühjahr auch ein Erwachsenen Theaterwettbewerb, an dem Gruppen aus ganz Kontinentaleuropa mitmachen. Ein Wochenende richtiges Theaterfest. Die Theatergruppe der Erwachsenen, die Charlie Hartmann ins Leben gerufen hat trifft sich jeden Dienstagabend.  Eine wunderbare Abwechslung zum Beruf und meinen sportlichen Aktivitäten.  

 

Frau Hartmann: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was wünschen Sie sich?

Charlie Hartmann: Lernen Sie uns kennen. Wir freuen uns auf Besuch aus der Nachbarschaft und sind für den zweifellos bereichernden Austausch zwischen Einheimischen und neuen Mitbürgern dankbar. Sie finden eine Übersicht unserer Aktivitäten auf unserer Website www.lilicentre.ch.

 

Am 3. Juni bietet sich bei der Jubiläumsfeier die nächste Gelegenheit, vorbeizukommen. Dann feriert das Lili Centre seinen 7. Geburtstag.