Ausgabe 1/2023

Der Weg zur Harmonie der Kräfte

von Fredy Zurkirchen, Redaktion Tripsche Zytig

 

Aikido punktet mit seiner friedfertigen Kampfführung. Seit 30 Jahren wird diese Sportkunst in unserem Quartier praktiziert. Im letzten Dezember

luden die Luzerner Aikidokas die Quartierbevölkerung ein, ihnen beim

Ausüben ihrer Kampfkunst über die Schulter zu schauen.

 

Gleich zwei Orte in unserem Quartier widmen sich der japanischen Kampfkunst. An der Eisfeldstrasse führen Pascal Egger und Antonella Bergamin die Karateschule Kimura Shukokai. Kinder, Jugendliche und Erwachsene können sich dort als Karatekas üben.

 

Wenige hundert Meter weiter an der Werkhofstrasse 18 liegt das Dojo von Aikido Luzern. «Dojo» nennt sich der Übungsraum, in dem japanische Kampfkünste praktiziert werden und bedeutet «Ort des Weges». Schon diese Begrifflichkeit verrät  den Unterschied zu einer profanen Trainingshalle und gibt etwas preis über die Philosophie, die dieser Kampfkunst zu Grunde liegt. Aikido versteht sich nicht nur als ein Weg der körperlichen Schulung sondern auch des Geistes. Zudem trifft man hier auf ganz viel Tradition und Etikette. Werte, die in unserer modernen westlichen Welt vielleicht etwas an Strahlkraft verloren haben, sind im Aikido zentral und werden gepflegt: Höflichkeit, Respekt, Dankbarkeit und Miteinander.

 

 

Am Japan-Tag Einblick in die Kampfkunst des Aikido erhalten

Letzten Dezember öffnete Aikido Luzern seine Türen und lud die Quartierbevölkerung zum «Japan-Tag» ein: Kampfkunst, Teezeremonie, japanische Lieder und Kalligrafie standen auf dem Nachmittagsprogramm. Eine gute Gelegenheit, etwas fernöstliche Exotik aus dem Land der aufgehenden Sonne zu erleben.

 

Das Dojo im EG des SUVA-Gebäudes ist hell und wirkt fast etwas sakral. An den Wänden hängen Kimonos und kunstvolle japanische Kanji Schriftzeichen. Es gibt Blumen. Direkt über dem Tatami (der grossen Übungsmatte) hängt das Konterfeit von Altmeister Morihei Ueshiba. Er hat Aikido Anfang 20. Jahrhundert durch Zusammenführen mehrerer traditioneller Kampftechniken, insbesondere aus dem Schwertkampf, entwickelt. Noch heute ist sein «Hombu Dojo» in Tokio der Hauptschulungsraum der weltweiten Aikido Bewegung. Hier werden auch alle Dan-Grade bestätigt. 

 

«Wenn du angegriffen wirst, schliesse deinen Gegner ins Herz»

 Aikido ist eine defensive Kampfkunst. Ziel ist es, einen Angreifer ausser Gefecht zu setzen, ohne diesen zu verletzen. Dahinter steckt Kalkül: Der Gegner soll nicht zerstört sondern zum Umdenken bewegt werden und auf weitere Aggression verzichten. Als Angriffstechnik eignet sich Aikido hingegen nicht. 

 

Mittlerweile machen sich die Aikidokas im Dojo Luzern für die Präsentation ihrer Kampfkunst bereit. Sie betreten den «Tatami» ohne Schuhe mit sauberen Füssen, so verlangt es die Etikette. An der Längskante reiht man sich in «seiza» auf, einem Art Fersensitz. Zur Begrüssung und als Zeichen des gegenseitigen Respekts verbeugen sich Schüler und Lehrer voreinander. Manche tragen nur den traditionellen weissen Keikogi, den man auch im Judo kennt, andere zusätzlich den Hakama, einen schwarzen Hosenrock. Er zeichnet die erfahrenen Aikidokas aus. Dadurch, dass er die Beinstellung seines Trägers verdeckt, erschwert er dem Gegner das Antizipieren im Kampf.

 

Geübt und gekämpft wird gemeinsam, meist paarweise. Manchmal kämpft einer aber auch gegen mehrere Angreifer gleichzeitig. Die Rollen der angreifenden und der angegriffenen Person tauschen ständig. Auch die Partnerinnen und Partner wechseln während des Trainings. Das sorgt für Abwechslung. Auch erfahrene Aikidokas müssen sich immer wieder neu einstellen und können so auch von weniger Fortgeschrittenen profitieren. 

 

Mir imponiert die Ästhetik der Übungen. Eigentlich würde ich solch fliessende und harmonische Bewegungen eher im Tanz oder Ballett vermuten, nicht im Kampfsport. Yves Bruner, Präsident von Aikido Luzern erklärt: «Anders als in anderen Kampfsportarten wird der Gegner im Aikido nicht geblockt oder mit Schlägen abgewehrt. Der Aikidoka geht auf den Angreifer zu und versucht, dessen Bewegung aufzunehmen und die Angriffskraft zu seinen Gunsten umzuleiten und so den Gegner zu Fall zu bringen oder in einem Griff zu neutralisieren. Aikido funktioniert also nur richtig, wenn man angegriffen wird.»

 

Die Corono-Krise war eine harte Zeit!

Seit gut 30 Jahren ist manhier an der Werkhofstrasse. Der Verein selbst besteht schon länger. Im 2021 hätte man den 40. Geburtstag feiern wollen, wäre nicht Corona dazwischengekommen.

 

«Die Coronajahre 2020/21 stellten uns vor eine grosse Herausforderung. Da Aikido ein Kontaktsport ist, konnten wir nur noch alleine oder zu zweit, oft sogar überhaupt nicht mehr trainieren. Und nur zu zweit, macht Aikido auf Dauer keinen Spass. Das gemeinsame Erlebnis in der Gruppe fehlt», erklärt Yves Brunner. «Dazu kommt, dass verhältnismässig viele unserer Aikidokas künstlerische Berufe haben und von der Krise finanziell besonders hart getroffen wurden. Das hat auch unseren Verein belastet. Einige Mitglieder haben aufgehört. Auch für den Club wurde es finanziell eng.»

 

Gross war die Erleichterung, als man wieder uneingeschränkt trainieren und die Gemeinschaft praktizieren konnte. Mittlerweile hat sich die Lage normalisiert und die Zuversicht ist zurückgekehrt. Das letzte Jahr startete erfreulich mit einigen hohen Auszeichnungen. Je zwei Mitglieder erhielten den 5. und 6. Dan. Auch einige Neumitglieder konnten gewonnen werden. Für 2023 plant man den Einbau einer neuen Übungsmatte, wodurch das Dojo auch für andere Zwecke, bspw. Tanz, nutzbar wird und vermietet werden kann. 

 

Anfänger und Anfängerinnen herzlich Willkommen 

Aktuell üben rund 60 Aktivmitglieder regelmässig im Dojo: von der Anfängerin bis zum Meister und Träger des 6. Dan, von der Schülerin bis zum Pensionär. Fünf Tage die Woche werden Trainings angeboten, jeweils am Mittwochabend trainieren die Aikido Kids. Die Trainings werden von erfahrenen Mitgliedern, meist Dan-Trägern, geleitet. Gerne würde der Club noch mehr neue Mitglieder begrüssen: junge aber auch ältere. Dafür hat man interessante Schnupperangebote geschaffen. 

 

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen? 

Um Aikido auszuüben braucht es keine besonderen Voraussetzungen. Spass an der Bewegung und Kontaktfreude reichen. «Und man sollte keine Angst haben, auf den Boden zu fallen und wieder aufzustehen», fügt Yves Brunner an. Denn die Aikido-Schule beginnt mit dem Erlernen der Falltechnik. «Das kommt einem auch im Alltag und im Alter zu Gute. Das Schöne an Aikido ist, dass es in jedem Alter begonnen und praktiziert werden kann und man keinem Leistungsdruck ausgesetzt ist. Jeder kann seinen Weg und sein Tempo selber bestimmen.» 

 

Was sollten interessierte Leser unbedingt noch wissen? 

«Vielleicht dass Aikido stets am Miteinander und nicht am Gegeneinander interessiert ist. Das ist mit ein Grund, weshalb im Aikido keine Wettkämpfe und Meisterschaften stattfinden. Ah ja, und im Aikido trägt man im Gegensatz zu anderen Kampfsportarten keine farbigen Gürtel mehr. Erst ab dem 1. Dan gibts den schwarzen. Bei den Kindern aber, da machen wir eine Ausnahme.» 

 

Mehr Infos gibt es auf der Homepage des Vereins.

www.aikido-luzern.ch