Ausgabe 4/2022

100-jähriges Bestehen der Seekag

von Fredy Zurkirchen, Redaktion

 

Seit 100 Jahren wird mitten in der Stadt Schotter und Kies umgeladen. Wie der letzte Mohikaner steht das Betriebsgebäude hier sinnbildlich für ein Stadtquartier, das einen starken Wandel erlebt. Doch mit dieser Lage lamm das Unternehmen auch heute noch punkten.

 

Die erste Etappe meines Besuchs führt mich auf das Dach des SEEKAG-Gebäudes. Unter mir erstreckt sich der östliche Teil des Tribschen Quartiers mit der SGV-Werft am nördlichen und der Ufschötti am südlichen Ende. Stefan Tresch, Geschäftsführer der SEEKAG, zeigt auf den Ort, wo vor 100 Jahren alles begann.

Dort am Alpenquai, ziemlich genau unter dem heutigen Werftsteg, startete Alfred Schätzle 1922 eine Umschlaganlage für Kies und Schotter, welche teilweise von Nauen an Land umgeladen wurden. Noch heute gehört die damalige Seeverlad- und Kieshandels AG Luzern zur Schätzle-Firmengruppe. Ihr Hauptsitz liegt direkt nebenan.  

 

Ein Neubau von bemerkenswerter Qualität

Schon nach dem 2. Weltkrieg wurden die Stimmen nach einer Neugestaltung des Seeufers lauter und die Anlage zusehends in Frage gestellt. Diese Unsicherheit stand der nötigen Modernisierung lange im Weg. 1974 fand man dann eine befriedigende Lösung. Ein neues Werk wurde an der Landenbergstrasse gebaut – damals noch fast auf der grünen Wiese - samt unterirdischen Transportstollen zum See und den Gleisen. Gleichzeitig begann man mit der Betonproduktion.

 

Stefan Tresch ist beeindruckt von der Weitsicht der damaligen Planer und Erbauer. «Zu dieser Zeit war es wahrscheinlich das modernste Betonwerk der Schweiz. Natürlich haben wir seither immer wieder massiv in den Standort investiert: elektromechanischen Anlagesteuerungen wurden durch modernste Mikroprozessorsteuersysteme ersetzt, die Abläufe digital vernetzt, statt Krananlagen gibt es heute Selbstentladungsschiffe, verbesserter Schall- und Stauschutz und so weiter und so fort», erklärt er. «Aber vom Gebäudekörper und der räumlichen Konzeption her, ist noch vieles wie damals. Auch einige der alten Anlagen sind noch in Betrieb.

 

Wichtiger Partner für die Bauwirtschaft

Die SEEKAG ist einer der grössten Betonproduzenten und wichtigsten Lieferanten der Bauwirtschaft in der Agglomeration Luzern. «Rund drei Viertel unseres Umsatzes erwirtschaften wir mit Fertigbeton. Jährlich stellen wir hier rund 80'000 Kubikmeter her.» Das entspricht der Kapazität von über 10'000 gängigen Betonmischfahrzeugen. Aber Beton ist nicht gleich Beton, sondern ein komplexes Produkt, das in vielen Qualitäten und unterschiedlichsten Farben nachgefragt wird. Stefan Tresch vergleicht die Betonproduktion gerne mit einer Bäckerei oder einer Restaurantküche. «Auch hier kommt es auf erstklassige Zutaten und die richtige Rezeptur an.» Diesbezüglich hat sich die SEEKAG über die Jahre sehr viel Know-how und Expertise erarbeitet.  «Zusammen mit unserer Verlässlichkeit sind das mitentscheidende Faktoren für den Markterfolg».

 

Viele Kilometer Bahnschotter aus dem Tribschen-Quartier

Daneben handelt und lädt die SEEKAG am Alpenquai für die Industrie grosse Mengen von Schotter, Kies und Sand um. Etwa ein Sechstel des jährlichen Bedarfs an Bahnschotter bezieht die SBB aus dem Tribschen-Quartier. Der Schotter wird über den See angeliefert und auf Bahnwaggons verteilt.

 

Hochmoderne Betonproduktion

Von der obersten Etage blicken wir in die Trichter der vielen Silos. Hier lagern die Rohstoffe für die Betonproduktion: Sand, Kies, Zement, Zusatzstoffe. Über Förderanlagen durch den unterirdischen Tunnel gelangen sie vom See oder der Bahn hierher. Von hier werden sie in die beiden Betonmischanlagen weitertransportiert und fliessen dann als Fertigbeton in die Trommeln der Verteilfahrzeuge. Dass alles passiert vollautomatisch. Zahlreiche Sensoren messen Gewicht, Feuchtigkeit und Mengen. Die ganze Produktion wird digital vom Kontrollraum aus gesteuert und überwacht. Auf den Bildschirmen kann man den Weg und Mischprozess jeder einzelnen Ladung inklusiv aller Angaben verfolgen und bei Bedarf per Tastendruck eingreifen.

Ähnlich eindrucksvoll präsentiert sich der Disporaum, wo die Transportfahrzeuge koordiniert werden. Die meisten sind mit GPS ausgerüstet. Der Disponent erkennt auf der digitalen Karte ihre aktuelle Position und Fahrwege und weiss, wann welcher Lkw hier eintrifft. Transport und Produktion sind miteinander vernetzt. Das ermöglicht kurze Wartezeiten und ein effizientes Arbeiten; auch ganz zum Vorteil für die Anwohner und den lokalen Verkehr. «Diese modernste Logistik ermöglicht es uns, den richtigen Fertigbeton just in time auf die richtige Baustelle zu bringen.»

 

Ein Standort, der Wirtschaftlichkeit und Ökologie miteinander verbindet.

Die Nachbarschaft der SEEKAG hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark verändert. Das Tribschenquartier wandelt sich von einem Gewerbegebiet in ein modernes urbanes Wohn- und Geschäftszentrum. In unmittelbarer Nähe wurden die Wohnblocks der City Bay hochgezogen, an der Bürgenstrasse entsteht ein neuer Büro- und Geschäftskomplex und mittelfristig kommen grosse Wohnprojekte in der Rösslimatt zur Realisierung. Macht dieser Standort für ein Betonwerk so überhaupt noch Sinn?

Stefan Tresch bejaht dies entschieden!

 

«Ein Grossteil der Baustellen in der Stadt und unmittelbaren Agglomeration bezieht den Beton von uns. Denn die räumliche Nähe zwischen Produktion und Verwendung spielt im Betongeschäft sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch eine wichtige Rolle. Da der Zement ohne spezielle Zusatzstoffe rasch aushärtet, sollte der Frischbeton möglichst rasch verbaut werden. Da profitieren wir natürlich von unserem Standort mit kurzen Distanzen.» Aber auch ökologisch, macht der Standort Sinn, meint er. «Die kurzen Transportwege reduzieren die Lastwagenkilometer erheblich. Bei den grossen Volumen, die in der Stadt Luzern verbaut werden, macht es einen grossen Unterschied, ob der Beton nur 5 oder 20 oder 30 Kilometer weit transportiert werden muss. Kommt dazu, dass unsere Rohstoffe zu 95 Prozent ökologisch per Bahn oder Schiff zu uns kommen. Das spart fast ein halbe Million Lastwagenkilometer.»  

 

Die SEEKAG will also in unserem Quartier bleiben. Dabei sind ihr gute Beziehungen zu ihren «neuen» Nachbarn wichtig, und man will auch in Zukunft eines der ökologischsten Werke in der Schweiz bleiben.