Ausgabe 4/2022

10 Jahre Einsatz für die Menschenwürde im Tribschenquartier

von Jasmin Rolli, Quartierarbeiterin St.Anton

"Viele Sans-Papier sprechen nicht über die Angst, kontrolliert und ausgewiesen zu werden, doch sie frisst dein Leben auf!", Maria, Hausarbeiterin und Sans-Papiers.

 

Sans-Papiers – Menschen deren Bleiberecht nicht mehr erneuert wurde, deren Asylgesuch abgelehnt wurde oder Menschen, denen wegen einer Scheidung ihr Recht auf Verbleib in der Schweiz entzogen wurde. In der breiten Öffentlichkeit werden sie wenig wahrgenommen. Durch ihre Angst, entdeckt zu werden, halten sie sich bedeckt.

 

Über ein Prozent der Schweizer Bevölkerung sind Sans-Papiers

Doch schätzungsweise 100 000 Menschen leben und arbeiten ohne geregelten Aufenthalt in der Schweiz. Das sind 1.2 % der Bevölkerung. Da sie der Staat nicht oder nur teilweise anerkennt, bedeutet dies, dass ihre Rechte auf dem Arbeitsmarkt oft verletzt werden. Trotzdem sind Arbeitgeber:innen auf sie angewiesen und profitieren von dem starken Arbeitswillen der Sans-Papiers. Eine Züricher Studie folgert beispielsweise, dass bis zu 50 % der bezahlten Hausarbeit von Sans-Papiers verrichtet wird. Auch, weil viele Arbeitgeber:innen sehr zufrieden mit der Leistung ihrer Arbeitnehmer:innen sind.

 

Sans-Papiers sind Ausbeutung und Betrug ausgesetzt

Der ungeregelte Aufenthalt bedeutet indes, kein Garant auf Versicherung zu haben, ausser Anspruch auf AHV/IV und Krankenkasse, keine Möglichkeit zu haben sich zu wehren bei Gewalt, bei Lohnentzug, bei Lohndumping. Es bedeutet dem Arbeitgeber ausgeliefert zu sein oder gar Opfer von Menschenhandel zu werden. Und trotzdem ziehen viele Menschen diese Situation vor, als in das Land zu gehen, in dem sie geboren wurden – einfach, weil es in dem Land keine Arbeit gibt oder es kein menschenwürdiges Dasein ermöglicht.

 

Das Ziel: ein menschenwürdiges Leben ermöglichen.

In der Zentralschweiz gibt es eine Kontakt- und Beratungsstelle für Sans-Papiers. Diese befindet sich im Tribschenquartier, neben der St. Anton Kirche. Hier können sich seit 10 Jahren Personen, ohne Aufenthaltsbewilligung, über ihre Rechte informieren. Viele Betroffene wissen nicht, dass sie grundlegende Menschenrechte in der Schweiz besitzen. Vor allem auch deshalb, weil sie ihnen oft nicht zugestanden werden. Das Ziel der Fachstelle ist es, diesen Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

 

Die Zahl der Ratsuchenden steigt indes stetig, und somit auch die Zahl der Ratgebenden. Mittlerweile sind vier Personen angestellt, um die rechtliche und soziale Situation der Sans-Papiers zu verbessern. Die zu Beratenden sollen geschätzt und in ihrer Vielfalt anerkannt werden.

 

Die Anlaufstelle sucht immer Freiwillige, welche sich engagieren und Sans-Papiers begleiten. Das können sporadische Begleitungen zu Terminen sein, Unterstützung bei Hausaufgaben, Unterstützung bei der Freizeitgestaltung, gemeinsames Sportreiben oder Deutschhilfe sein. Freiwillige können eine Hand reichen und dabei selber schöne und bereichernde Erfahrungen sammeln. Die Fachstelle bietet eine fachgerechte Begleitung an und lädt zu Weiterbildungs- und Austauschtreffen ein.

 

Eine weitere Möglichkeit auszuhelfen, sind natürlich Spenden. Die Anlaufstelle wird von privaten, institutionellen und kirchlichen Spenden finanziert und ist somit angewiesen auf finanzielle Unterstützung.

 

Mehr Infos  

www.sanspapiersluzern.ch